AXA senkt bereits 2016 die Renten

Schlechte Nachricht für 418’000 Versicherte: Sie müssen mit tieferen Renten vorliebnehmen. Denn Axa-Winterthur senkt den Umwandlungssatz – dort, wo es das Gesetz erlaubt.

Die Schweizer Tochter des französischen Versicherungsriesen Axa senkt den Umwandlungssatz in der beruflichen Vorsorge von 5,6 auf 5 Prozent. Das erklärte Axa-Winterthur am Gründonnerstag. Davon betroffen sind Versicherte, die ab nächstem Jahr in Pension gehen. 53’000 Unternehmen mit insgesamt 418’000 Mitarbeitenden haben die berufliche Vorsorge der Axa-Winterthur anvertraut. Die Senkung wird schrittweise vorgenommen.

Arbeiter finanziert Rentner

Wie sich die Senkung auf den einzelnen Versicherten auswirkt, lässt sich nicht einmal grob beziffern. Die Senkung gilt nur für das Überobligatorium. Also für jene Guthaben, die über den gesetzlichen Mindestvorgaben angespart wurden. In vielen Fällen ist das überobligatorische Guthaben höher als das obligatorische. Der obligatorische Teil wird zum gesetzlichen Mindestumwandlungssatz von 6,8 Prozent umgerechnet, wie das am 7.März 2010 vom Schweizervolk als Antwort auf die Rentenklau-Debatte der Gewerkschaften bestimmt wurde.

Versicherte mit Minimalplänen, die nur mit dem gesetzlichen Minimum gemäss dem Bundesgesetz über die berufliche Vorsorge (BVG) versichert sind, bleiben von dieser Rentensenkung verschont. Ihre Rente wird von den aktiv Versicherten quersubventioniert.

Die kurzfristige Ankündigung von Versicherungsgesellschaften hat System. Schon 2003, als die Lebensversicherer damit anfingen, auf obligatorischen und überobligatorischen Guthaben unterschiedliche Umwandlungssätze anzuwenden, liessen sie den Versicherten keine Zeit, sich auf die neue finanzielle Situation einzustellen. Es war schon damals die Winterthur, die als Erste dieses Splitting vorgenommen hatte. Noch heute spricht man vom «Winterthurer Modell», wenn eine Vorsorgeeinrichtung den obligatorischen und den überobligatorischen Teil mit unterschiedlichen Sätzen in eine Rente umwandelt.

Das Problem bei Scheidungen

Die unterschiedliche Verzinsung und Rentenberechnung der obligatorischen und überobligatorischen Guthaben zeitigt grobe Ungerechtigkeiten. Betroffen sind nicht selten geschiedene Frauen, bei welchen das vom früheren Ehemann überwiesene Pensionskassenguthaben voll in den mit einem tieferen Umwandlungssatz berechneten überobligatorischen Topf geworfen wird. Auch freiwillige Einkäufe landen im Überobligatorium mit dem unvorteilhaft tiefen Umwandlungssatz.

Hug: «Kein Verständnis»

Der Versicherungsspezialist Werner C. Hug zeigt kein Verständnis für die Massnahmen der Axa-Winterthur. «Das kommt politisch im falschen Moment.» Hug denkt an die Altersvorsorge 2020, die jetzt in der ständerätlichen Kommission behandelt wird. Kürzungsmassnahmen in der 2.Säule sind schwieriger durchzusetzen, wenn die Versicherer sich als Abzocker gebärden. «Die Versicherungsgesellschaften wollen keine Rentner mehr. Sie wollen, dass sich die Versicherten bei der Pensionierung das Kapital auszahlen lassen», sagt Hug. Das sei nicht im Sinne des Gesetzgebers.

Axa-Winterthur begründet den Schritt mit der Umverteilung in der beruflichen Vorsorge, die man auf diesem Weg stoppen will. Sie meint damit die Umverteilung von den aktiv Versicherten zu den Rentnerinnen und Rentnern. Man spricht von etwa 3,5 Milliarden Franken insgesamt in der 2. Säule. Allein bei der Axa seien es 416 Millionen Franken, welche die aktiv Versicherten zahlen müssten, um ungenügend finanzierte und nicht kürzbare Renten der Pensionäre mit kleinen Einkommen zu finanzieren. Diese Umverteilung ist nicht zuletzt eine Folge der vom Volk abgelehnten Senkung des Umwandlungssatzes auf 6,4 Prozent in der genannten Abstimmung vom 7.März 2010. Da sich ein Umwandlungssatz von 6,8 Prozent heute nicht finanzieren lässt, müssen laufende Renten mit Beiträgen der aktiv Versicherten bezahlt werden. Das widerspricht dem Kapitaldeckungsverfahren, wie es für die 2.Säule vorgesehen ist.

Risikoprämien sinken

Laut Axa-Winterthur erlaubt die Senkung des Umwandlungssatzes eine Reduktion der Risikoprämie für Invalidität und Tod. Mit dieser Aussage bestätigt Axa, dass sie den Versicherten von ihren Beiträgen bisher zu hohe Risikoprämien abgezogen hat. Auch hier also eine Quersubventionierung.

Für die Gewerkschaften ist das Vorgehen der Axa ein gefundenes Fressen. Sie werden ihre Rentenklau-Debatte wieder auffrischen können. Womöglich hat Axa das Communiqué bewusst in der zweiten Tageshälfte am Gründonnerstag verschickt, als sie die Gewerkschaften bereits in den Osterferien vermutete.


Umwandlunssätze AXA_Winterthur

 

 

 

 

 

 

 


Quelle: Tages-Anzeiger
04.04.2015