«Helvetia wird weiterhin zugreifen»

Der Versicherer Helvetia  ist auf Kurs. Das Geschäftsvolumen stieg im vergangenen Jahr 11% auf 8,2 Mrd. Fr., der ordentliche Überschuss 4% auf 439 Mio. Fr. Wegen Sonderkosten fiel der Gewinn erwartungsgemäss 21% auf 309 Mio. Fr. bzw. 29 Fr. je Aktie. Dahinter stehen die finanziellen Folgen der 2014 abgeschlossenen Akquisition des Wettbewerbers Nationale Suisse und des Österreichgeschäfts von Baloise. Sie belasten das Ergebnis bis 2017, was die Transparenz zumindest temporär beeinträchtigt.

Bis 2020 will der Konzern das Geschäftsvolumen auf 10 Mrd. Fr. vergrössern. Um weitere Übernahme zu stemmen, habe Helvetia in der Führung und im Betrieb die nötigen Strukturen und auch den Willen, sagt Verwaltungsratspräsident Pierin Vincenz im Gespräch: «Wir werden zugreifen, wenn etwas passt.»

Die ausländischen Betriebseinheiten tragen unterproportional zum Ergebnis bei. In Deutschland und Spanien ist das Unternehmen weit von einer Top-10-Position entfernt. «Aber auch dort wie auf unseren stärkeren Marktpositionen in Italien und Österreich haben wir genügend Substanz, organisch zu wachsen», betont Vincenz. Nach der Nationale-Suisse-Akquisition ist die Gruppe in den Nischengeschäften mit Transport-, Grossbaustellen- und Kunstversicherungen etabliert.

Der Vorsprung auf den Integrationsfahrplan hat den Verwaltungsrat bewogen, den Aktionären eine Erhöhung der Dividende von 18 auf 19 Fr. vorzuschlagen. Die Mindestquote künftiger Ausschüttungen wird von 30 auf 40% des Gewinns vor Sonderkosten angehoben. Mindestens 1 Mrd. Fr. soll über die nächsten fünf Jahre ausgeschüttet werden. Das sind gegen 100 Fr. je Aktie bzw. im Jahresschnitt fast 20 Fr.

Der Konzern erreicht den grössten Teil des Gewinns in den Sach- und Haftpflichtsparten. Der Gesamtkostensatz schwand von 93,5 auf 92,1% der Sparteneinnahmen, was die Qualität des Kontraktportefeuilles und die Effizienz der Abwicklung belegt.

Der Bereich Lebenversicherung, der vom Pensionsgeschäft für kleine und mittelgrosse Unternehmen dominiert ist, erhöhte den Ergebnisbeitrag ebenfalls. In der Einzelversicherung forciert Helvetia Policen mit begrenzten Zins- und Kapitalgarantien. Im Kerngeschäft berufliche Vorsorge wird davon profitiert, dass der BVG-Mindestzins für 2016 von 1,75 auf 1,25% gesenkt worden ist. Als Folge erwartet das Unternehmen, die Zinsmarge der Lebenversicherung im Bereich von 0,8% stabil zu halten.

Im Nichtlebengeschäft soll der Schaden-Kosten-Satz in den nächsten Jahren 93% nicht übersteigen. Im Lebengeschäft, das wegen der Niedrigzinslage nur sehr vorsichtig betrieben wird, ist eine Neugeschäftsmarge von mindestens 1% angepeilt.

Dank ausgezeichneter Kapitalausstattung ist das Unternehmen gut gerüstet, um gleichzeitig verschärften Aufsichtsanforderungen zu genügen und die Wachstumsstrategie weiterzuführen. Im Schweizer Solvenztest SST wurde am aktuellen Stichtag Mitte 2015 ein Wert in der Bandbreite von 150 bis 200% der Mindestvorgabe erreicht.

Für die nächsten fünf Jahre gilt ein Zielband von 140 bis 180%. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass niedrig bleibende Zinsen besonders die Solvenzwertung der Lebenversicherung belastet.

Für die Renditeberechnung stellt Helvetia auf den Überschuss ohne Sonderkosten ab. Die so berechnete Rendite des Eigenkapitals soll bis 2020 im Bereich von 8 bis 11% liegen; im vergangenen Jahr wurden 8,9% erreicht. 2016 und 2017 wird das Ergebnis nochmals von Wertberichtigungen und Abschreibungen belastet, die nach festgelegtem Prozedere den Einbezug der Nationale-Suisse-Geschäftsteile begleiten. «Finanz und Wirtschaft» schätzt den Gewinn 2016 auf knapp 400 Mio. Fr. bzw. 38 Fr. je Aktie, was ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 14 errechnen lässt. Vor Sonderkosten wird ein deutlich höheres Ergebnis resultieren.

Die Aktien finden zumindest längerfristig eine verlässliche Stütze darin, dass das berechenbare Abebben der Sonderlasten das Konzernergebnis in den nächsten Jahren deutlich verbessern wird.

Quelle: Finanz und Wirtschaft
29.03.2016

 

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