Invalidenversicherung – Ärzte beurteilen Patienten zu subjektiv

Hausärzte stufen die Arbeitsunfähigkeit von Patienten teilweise bis zu 50 Prozent höher ein als externe Gutachter. Zu dieser Erkenntnis kommt die medizinische Abklärungsstelle Abi, die im Auftrag der Invalidenversicherung (IV) arbeitet und 3000 Fälle aus den letzten vier Jahren untersuchte.

Demnach divergieren bei einer von zehn Beurteilungen die Meinungen von Haus- oder Spezialärzten auf der einen und den IV-Gutachterstellen auf der anderen Seite. «Das Hauptproblem liegt in der Übereinstimmung der Selbsteinschätzung des Patienten und der Krankschreibung durch den behandelnden Arzt», sagt Simon Lauper, Leiter des Abi. Gerade bei langjährigen Patienten ortet er Gefahr, dass Hausärzte zu einer subjektiven Einschätzung neigen, um allfälligen Konflikten und einem Arztwechsel durch den Patienten aus dem Weg zu gehen.

Gemäss der Untersuchung treten die Differenzen bei der Beurteilung besonders bei schwer definierbaren Schmerz-Symptomen wie Müdigkeit, Erschöpfung oder Depressionen auf. Hier gehe es darum, sich auf die objektiven Befunde zu fokussieren, so Lauper. Er fordert gemeinsame Leitlinien – für die Ärzte, aber auch für die Abklärungsstellen der IV.

Mit ihrer Studie will die Abi laut eigener Aussage zur Versachlichung der Diskussion beitragen. «Die IV-Gutachterstellen waren in den letzten Jahren immer mehr dem Vorwurf ausgesetzt, zu streng zu beurteilen», so Lauper. Mit der Untersuchung wolle man einen wissenschaftlichen Beitrag zur Bewertung dieses Vorwurfs leisten, um weiterhin aufgrund objektivierbarer Befunde unabhängige Gutachten durchzuführen und damit die gesetzliche Aufgabe zu erfüllen.

Quelle: NZZ
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