Pensionskasse St. Gallen: Der Viertel-Kompromiss

KANTON ST.GALLEN ⋅ Jetzt mischt sich die Regierung in die Pensionskassen-Debatte ein: Die 200 Millionen seien keineswegs ein umfassendes Sanierungsangebot. Sie schlägt nun eine andere Variante vor.
Die St.Galler Pensionskasse und ihre Versicherten sollen selber schauen, wie sie aus dem Schlamassel herauskommen. Diese Haltung vertritt die Finanzkommission des Kantonsparlaments. Sie steht damit nicht allein. «Weshalb soll ich als Steuerzahler die Kasse der Staatsangestellten sanieren? Wenn meine Kasse in Schieflage gerät, muss ich auch mit meinem Portemonnaie bluten.» So tönt es nicht nur am Stammtisch – so tönt es in weiten Kreisen. 200 Millionen Franken soll der Kanton in die Hand ­nehmen und sich damit an der Sanierung der Pensionskasse der Staatsangestellten beteiligen. Der Vorschlag stammt nicht von den Versicherten. Die Regierung hatte ihn auf den Tisch gelegt – oder eben dem Kantonsparlament unterbreitet. Eine umstrittene Idee, wie die vergangenen Wochen gezeigt haben. Die Regierung liess es draussen stürmen und hielt sich zurück. Doch nun meldet sie sich zu Wort. Ihre Adressaten sind die Mitglieder des Kantonsparlaments; sie entscheiden in zehn Tagen über die Einlage für die Pensionskasse.

Die 200 Millionen Franken hätten nichts mit der aktuellen Sanierung der Pensionskasse zu tun. Dazu habe deren Stiftungsrat im Dezember ein Sanierungskonzept verabschiedet – mit dem Ziel, die Kasse langfristig und nachhaltig zu sichern. Unabhängig davon sei eine nochmalige Einlage notwendig, hält die Regierung fest. «Die Ursache dafür liegt in der Vergangenheit.» Die aktiven Versicherten sollen nicht die Lasten der ungenügenden Ausfinanzierung der Kasse tragen und damit die Renten der Pensionierten und der Übergangsgeneration finanzieren müssen. Es gehe nicht an, sie deswegen zusätzlich zu belasten. Die Regierung spricht von einer «Altlast».

Experten hatten gewarnt, die Kasse würde unter zu optimistischen Parametern in die Selbstständigkeit geschickt; das Parlament schlug ihre Warnungen damals in den Wind. Die Kasse ist seit 2014 selbstständig. Das St.Galler Stimmvolk hatte der Ausfinanzierung der Pensionskassen des Staatspersonals und der Volksschullehrer 2013 zugestimmt; beide Kassen hatten eine Unterdeckung ausgewiesen. Die Ausfinanzierung kostete damals knapp 290 Millionen Franken; davon trugen die Versicherten einen Viertel.

150 statt 200 Millionen als Lösung?

Dieser Beitrag sei nicht der einzige der Kantonsmitarbeitenden gewesen, erinnert die Regierung. Sie erwähnt die Erhöhung der Pensionskassen-Beiträge, die Ausdehnung der Beitragspflicht bis 65 Jahre und den Wechsel vom Leistungs- ins Beitragsprimat. Das Sanierungskonzept des Stiftungsrats sehe weitere Massnahmen «mit wesentlicher Beteiligung der Mitarbeitenden» vor. Die Finanzkommission wirft dennoch die Frage auf, ob sich die Staatsangestellten nicht erneut mit 25 Prozent – wie schon 2013 – an der aktuellen Einlage beteiligen sollten. Die Regierung hält nichts von dieser «Viertelslösung». Sie bringt eine andere ins Spiel: Wenn «gespart» werden wolle, dann werde besser der Ausfinanzierungsbetrag um einen Viertel auf 150 Millionen Franken gekürzt. «Dies im Sinne eines Kompromisses.» Es wäre zudem administrativ weit einfacher und hätte den Vorteil, dass die Vergangenheitsbewältigung baldmöglichst abgeschlossen werden könnte», begründet die Regierung.

Im Vergleich mit anderen Kantonen «günstig»

Ob 200 oder 150 Millionen Franken: Es bleibt ungewiss, ob sich das Kantonsparlament dahinter stellt. Und falls ja, ob sich in der späteren Volksabstimmung eine Mehrheit findet. Vor vier Jahren hatten bürgerliche Politiker argumentiert, das Volks-Ja wäre bei einem höheren Beitrag gefährdet. Auch heute dürften sich die Stimmberechtigten die Frage stellen, ob fast 500 Millionen Franken innert weniger Jahre für die Sanierung der Pensionskasse der Kantonsangestellten nicht etwas gar viel Geld sei. Im nationalen Vergleich kommen die St.Galler Steuerzahler noch immer günstig weg. Zahlreiche Kantone mussten bei der Sanierung und Ausfinanzierung ihrer Pensionskassen Milliardenbeiträge einschiessen. Beispiele sind Aargau, beide Basel und Zürich.

Ein weiteres Handicap: Das Thema ist nicht sonderlich eingängig, die Zusammenhänge sind kompliziert und nur Insidern und Experten bis ins Detail verständlich. Die Regierung weiss darum, jedenfalls hält sie fest: «In der direkten Demokratie liegt es in der Verantwortung der Behörden, Vorlagen – auch wenn sie komplex sind – dem Souverän zu unterbreiten und dabei die Zusammenhänge klar, sachlich und transparent darzustellen.»

Quelle: Tagblatt
13.04.2017

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