Ruag will wegen Vorsorge-Regel nichts mehr von IFRS wissen

Eine Reduktion des Umwandlungssatzes kann bei einer Firma, die nach IFRS bilanziert, einen Millionengewinn auslösen. Für Ruag ein Grund, zu Swiss GAAP FER zu wechseln.

Der Rüstungs- und Industriekonzern Ruag verhindert, dass eine Reduktion der Vorsorgeleistungen der Mitarbeiter zu einer deutlichen Gewinnsteigerung für die Firma führt. Unter anderem deshalb wendet das Unternehmen neu nicht mehr den internationalen und komplizierten Standard zur Rechnungslegung IFRS an, sondern die lokale, «beschauliche» Alternative Swiss GAAP FER.

Der von Ruag unerwünschte Effekt ergibt sich unter IFRS im Zusammenhang mit der Verbuchung von Vorsorgerückstellungen. Reduziert eine Firma die Vorsorgeleistungen für ihre Mitarbeiter, kann das unter Umständen zu einem um ein Mehrfaches höheren Jahresgewinn führen. Ein solches Phänomen möchte, wohl verständlicherweise, kein Konzernchef seinen Angestellten erklären müssen.

Konkret handelt es sich um ein Problem, das vor allem in der Schweiz auftritt, weil die Vorsorgeregelung von IFRS breit ausgerichtet ist und gewisse Spezialitäten des Schweizer Systems ungenau abbildet. Stefan Haag und Elisa Alfieri haben es in der Branchenzeitschrift «Expert Focus» (früher: «Der Schweizer Treuhänder») 2013 ausführlich beschrieben . Beschliesst eine Vorsorgestiftung, dass sie den sogenannten Umwandlungssatz reduzieren will, muss das unter IFRS unmittelbar nach der Entscheidung in der Bilanz abgebildet werden. Vereinfacht gesagt, reduziert ein niedrigerer Umwandlungssatz die Vorsorgekosten für eine nach IFRS bilanzierende Firma. Der Umwandlungssatz wird benutzt, um beim Erreichen der Pensionierung die regelmässig auszuzahlende Rente zu definieren. Dazu multipliziert man das Guthaben mit dem Umwandlungssatz, was die Höhe der Rente ergibt.

Aus der Sicht der Vorsorgestiftung sollte dieser Satz so hoch oder so niedrig sein, dass er die Guthaben in Splitter aufteilt, die für jedes durchschnittlich zu erwartende Lebensjahr der Rentner ein Stück ergeben. Werden nun die Menschen immer älter, was in der Schweiz der Fall ist, oder sinkt die erzielbare Verzinsung des Kapitals, müssen – vereinfacht gesagt – die Stücke kleiner gemacht werden, also die Umwandlungssätze gesenkt werden.

Dazu hat sich auch die Schweizer Vorsorgestiftung der Ruag im Februar 2016 entschieden. Sie senkt den Umwandlungssatz ab 2017 von 5,8% auf 4,6%. Alle hiesigen 4000 Mitarbeiter sind diesem Plan angeschlossen, das ist knapp die Hälfte der Belegschaft von 8200 Personen. Entsprechend hätte die Leistungsreduktion, die durch flankierende Massnahmen abgedämpft werden soll, zu einer Reduktion der Vorsorgerückstellung nach IFRS geführt. Laut groben Schätzungen reduziert ein um ein Prozentpunkt geringerer Umwandlungssatz die Vorsorgeverpflichtung um 4%. Der Gewinn von Ruag – 2015 betrug er 117 Mio. Fr. – hätte sich nach IFRS um rund 100 Mio. Fr. erhöht. Das hätte wohl einige Diskussionen zur Folge gehabt. Das ist mit dem Wechsel zu Swiss GAAP FER nicht der Fall. Denn unter diesem Standard bleibt die Vorsorgerückstellung dort, wo sie hingehört: in der Bilanz der Vorsorgestiftung.

Quelle: NZZ
29.03.2016

 

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