Mitteilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 140






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Eidgenössisches Departement des Innern EDI


Bundesamt für Sozialversicherungen BSV


12. November 2015


Mitteilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 140
























































Hinweise

 

923

Senkung des Mindestzinssatzes auf 1.25 % ab 2016 ……………………………………………………………

2

924

Revision des Vorsorgeausgleichs bei Scheidung ………………………………………………………………….

2

925

Keine Anpassung der Hinterlassenen- und Invalidenrenten BVG ……………………………………………

2

926

Keine Anpassung der Grenzbeträge für 2016 ………………………………………………………………………

3

927

Sicherheitsfonds BVG: unveränderte Beitragssätze für 2016 …………………………………………………

3

Rechtsprechung

 

928

Versicherter Lohn in der weitergehenden Vorsorge und Austrittsleistung…………………………………

3

929

Vorbezug für die Amortisation einer Hypothek und darauffolgende Erhöhung einer anderen

 

 

Hypothek auf dem gleichen Objekt ……………………………………………………………………………………..

4

930

Überentschädigungskürzung bei Soziallohn…………………………………………………………………………

5


931Wahl der Anlagestrategien – Prüfung der Anlagestrategien in Bezug auf die Einhaltung der Grundsätze der Angemessenheit und der Kollektivität durch den Experten für berufliche























 

Vorsorge………………………………………………………………………………………………………………………….

5

932

Keine Pflicht zur Rückforderung der Austrittsleistung durch leistungspflichtige

 

 

Vorsorgeeinrichtung ………………………………………………………………………………………………………….

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933

Zwei Entscheide zur Säule 3a und Invalidität ……………………………………………………………………….

7


Anhang


Neue Tabelle ab 1. Januar 2016 zur Berechnung des grösstmöglichen 3a-Guthabens (nach Art.




























 

60a Abs. 2 BVV 2 und Art. 7 Abs. 1 Bst. a BVV3) nach Jahrgang …………………………………………..

8

Wichtige Masszahlen 2016 im Bereich der beruflichen Vorsorge ……………………………………………

8

Wichtige Masszahlen 1985-2016 im Bereich der beruflichen Vorsorge ……………………………………

8

Tabellen 2016 BVG-Altersguthaben ……………………………………………………………………………………

8

Anpassungssatz für die BVG-Risikorenten, in %…………………………………………………………………..

8


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Hinweise


923Senkung des Mindestzinssatzes auf 1.25 % ab 2016


Der Bundesrat hat am 28. Oktober 2015 beschlossen, den Mindestzinssatz in der obligatorischen Beruflichen Vorsorge von aktuell 1.75 % per 1. Januar 2016 auf 1.25 % zu senken.


Die Tiefzinspolitik der Notenbanken hat die Rendite der Bundesobligationen auf rekordtiefe Werte sinken lassen. Die Verzinsung der 7-jährigen Bundesobligationen lag Ende August bei minus 0.38 %. Weltweit tiefe Zinsen lassen sich auch im Bereich der Anleihen beobachten. Die Aktienmärkte haben sich im 2014 zwar positiv entwickelt, in diesem Jahr jedoch sind die Schwankungen in der Entwicklung von Aktien und Anleihen hoch und die Performance ungenügend. Aus diesen Gründen hat der BR beschlossen, den Mindestzinssatz auf 1.25 % zu senken.


Gemäss Gesetz wird die Höhe des Mindestzinssatzes auf Grund der Entwicklung der Rendite der Bundesobligationen sowie zusätzlich der Aktien, Anleihen und Liegenschaften festgelegt.


Die Eidgenössische Kommission für Berufliche Vorsorge hatte an Ihrer Sitzung vom 30. August 2015 dem Bundesrat mit deutlicher Mehrheit einen Satz von 1.25 % empfohlen.


Internet-Link für die Pressemitteilung: https://www.news.admin.ch/message/index.html?lang=de&msg-id=59231


924Revision des Vorsorgeausgleichs bei Scheidung


National- und Ständerat haben in den Schlussabstimmungen vom 19. Juni 2015 die Revision des ZGB zum Vorsorgeausgleich bei Scheidung beschlossen. Die Botschaft zur Revision hatte ihnen der Bundesrat am 29. Mai 2013 unterbreitet (vgl. Mitteilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 133 Rz 869). Die Referendumsfrist ist am 8. Oktober 2015 abgelaufen.


Über das Datum der Inkraftsetzung wird der Bundesrat entscheiden. Die Gesetzesänderung erfordert umfangreiche Verordnungsanpassungen. Die teilweise sehr technischen Ausführungsbestimmungen werden in Zusammenarbeit mit Praktikern ausgearbeitet. Es erscheint zum jetzigen Zeitpunkt als rea- listisch, dass die Gesetzesänderungen und die entsprechenden Verordnungsbestimmungen im Lauf des Jahres 2016 oder Anfang 2017 in Kraft treten werden.


Als wesentliche Neuerung bringt die Revision mit sich, dass der Vorsorgeausgleich auch dann aus Mitteln der beruflichen Vorsorge vorgenommen wird, wenn bei einem der Ehegatten bereits ein Vor- sorgefall eingetreten ist. So kann beim Vorsorgeausgleich die Rente geteilt werden, wenn einer der Ehegatten bereits eine solche bezieht. Neben diesem Kernpunkt der Revision sind u.a. folgende Neu- erungen vorgesehen: Massgebend für die Berechnung der zu teilenden Vorsorgeansprüche ist künftig der Zeitpunkt, in dem das Scheidungsverfahren eingeleitet wird. Die Meldepflichten der Vorsorge- und Freizügigkeitseinrichtungen gegenüber der Zentralstelle 2. Säule werden erweitert. Weiter enthält das Gesetz neu Vorschriften zur Aufteilung der beim Vorsorgeausgleich zugesprochenen Vorsorgemittel auf den obligatorischen und überobligatorischen Teil der Vorsorge.


Internetlink auf den Schlussabstimmungstext: BBl 2015 4883


925Keine Anpassung der Hinterlassenen- und Invalidenrenten BVG


Die Hinterlassenen- und Invalidenrenten der obligatorischen beruflichen Vorsorge müssen auf den 1. Januar 2016 nicht der Teuerung angepasst werden.


Gemäss Artikel 36 Absatz 1 des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) müssen die Hinterlassenen- und Invalidenrenten der obligatorischen zweiten Säule bis zum Erreichen des ordentlichen Rentenalters periodisch an die Erhöhung des Indexes der


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Konsumentenpreise angepasst werden. Der Teuerungsausgleich für diese Hinterlassenen- und Invali- denrenten der beruflichen Vorsorge wird zum ersten Mal nach dreijähriger Laufzeit gewährt. Die da- rauffolgenden Anpassungen sind mit dem Teuerungsausgleich bei der AHV gekoppelt, finden in der Regel also alle zwei Jahre statt.


Somit ist zu entscheiden, ob auf nächstes Jahr die Hinterlassenen- und Invalidenrenten, die seit 2012 laufen, angepasst werden müssen. Dabei wird auf die Preisentwicklung zwischen September 2012 und 2015 abgestellt. Da nun der Septemberindex 2015 mit 97.7 (Basis Dezember 2010 = 100) denje- nigen von September 2012 (99.3) nicht übersteigt, müssen diese Renten auf den 1. Januar 2016 nicht angepasst werden.


Die Hinterlassenen- und Invalidenrenten, die vor 2012 entstanden sind, werden mit der nächsten AHV-Renten-Erhöhung, also frühestens auf den 1.1.2017 angepasst. Diejenigen Renten, für die das BVG keinen periodischen Teuerungsausgleich vorschreibt, werden entsprechend den finanziellen Möglichkeiten der Vorsorgeeinrichtung angepasst. Das oberste Organ der Vorsorgeeinrichtung ent- scheidet jährlich darüber, ob und in welchem Ausmass die Renten angepasst werden (Art. 36 Abs. 2 BVG).


Internet-Link für die Pressemitteilung: https://www.news.admin.ch/message/index.html?lang=de&msg-id=59215


926Keine Anpassung der Grenzbeträge für 2016


Die minimale AHV-Altersrente erfährt für das Jahr 2016 keine Anpassung. Aus diesem Grund werden die Grenzbeträge in der beruflichen Vorsorge nicht verändert. Für die geltenden Beträge verweisen wir auf den Anhang.


927Sicherheitsfonds BVG: unveränderte Beitragssätze für 2016


Die Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge hat die Beitragssätze für das Bemessungsjahr 2016 gemäss Antrag des Stiftungsrates genehmigt. Die Beitragssätze bleiben unverändert, d.h. für die Zuschüsse bei ungünstiger Altersstruktur 0,08 % und für die Insolvenzen und anderen Leistungen 0,005 %.


Die neuen Beiträge werden Ende Juni 2017 fällig. Beitragspflichtig sind alle dem Freizügigkeitsgesetz (FZG) unterstellten Vorsorgeeinrichtungen.


Rechtsprechung


928Versicherter Lohn in der weitergehenden Vorsorge und Austrittsleistung


Will eine Vorsorgeeinrichtung vom massgebenden Lohn im Sinne des AHVG abweichen, muss sie dies in ihrem Reglement tun. Das Reglement muss klar zwischen versicherten und nicht versicherten Lohnbestandteilen unterscheiden.


(Hinweis auf ein Urteil des Bundesgerichts vom 10. Juni 2015, 9C_81/2015; Entscheid in französi- scher Sprache)


Im vorliegenden Fall geht es um die Höhe der Freizügigkeitsleistung, auf die der Beklagte gegenüber der beschwerdeführenden Kasse Anspruch hat. Dabei ist insbesondere die Höhe des versicherten Lohnes des Beklagten in der weitergehenden beruflichen Vorsorge zu beurteilen. Die beschwerdefüh- rende Kasse ist der Ansicht, dass Gratifikationen nicht Teil des versicherten Lohnes sind.


Gemäss Bundesgericht wird der versicherte Lohn im Rahmen der weitergehenden Vorsorge in der Regel durch die reglementarischen Bestimmungen der Vorsorgeeinrichtung definiert. In den meisten


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Fällen wird auf den Begriff des massgebenden Lohnes im Sinne des AHVG (Art. 5 Abs. 2 AHVG) ver- wiesen. Beabsichtigt eine Vorsorgeeinrichtung, von diesem Begriff abzuweichen, insbesondere um gewisse Bestandteile des Verdienstes auszuschliessen, muss sie dies in ihrem Reglement festlegen. Im Arbeitsvertrag können Bestandteile des versicherten Lohnes im Hinblick auf die berufliche Vorsor- ge nicht ausgeschlossen werden. Damit eine solche vertragliche Einigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gültig ist, muss sie zwingend ins Vorsorgerecht, und zwar ins Reglement, überführt wer- den. Das Vorsorgereglement muss mit anderen Worten klar zwischen versicherten und nicht versi- cherten Lohnbestandteilen unterscheiden (BGE 140 V 145 Erw. 3.2 S. 149; Urteil B 115/05 vom 10. April 2006 Erw. 4.3).


Artikel 18 des Reglements der beschwerdeführenden Kasse mit der Überschrift «Versicherter Lohn bei Pensionierung» sieht vor, dass im Zeitpunkt des Eintritts in die Kasse der versicherte Lohn bei Pensionierung dem 13-fachen aktuellen Monatslohn entspricht; in der Folge wird er bei jeder Ände- rung des Monatslohnes angepasst (Abs. 1). Gemäss Absatz 2 dieser Reglementsbestimmung ist der Stiftungsrat bevollmächtigt, einen versicherten Höchstlohn bei Pensionierung sowie für die Broker den Lohn bei Pensionierung festzulegen. Das Bundesgericht stellt fest, dass das Reglement nicht definiert, welche Lohnbestandteile bei den Brokern versichert sind und welche nicht, sondern den Stiftungsrat bevollmächtigt, diese Unterscheidung vorzunehmen. Da die Kasse kein Dokument eingereicht hat, in dem ein solcher Beschluss des Stiftungsrates zur Definition des versicherten Lohnes der Broker pro- tokolliert ist, kann davon ausgegangen werden, dass das Reglement keine vom allgemeinen Begriff in Art. 18 Abs. 1 des Reglements abweichende Definition des versicherten Lohnes der Broker enthält. Weil eine solche besondere, statutenkonform im Reglement festgelegte Definition fehlt, ist die be- schwerdeführende Kasse nicht gültig vom Begriff des massgebenden Lohnes im Sinne des AHVG abgewichen, der namentlich Provisionen, Gratifikationen und Naturalleistungen erfasst (Art. 5 Abs. 2 AHVG).


929Vorbezug für die Amortisation einer Hypothek und darauffolgende Erhöhung einer anderen Hypothek auf dem gleichen Objekt


Bezieht ein Versicherter Leistungen aus der Säule 3a für die Rückzahlung eines Hypothekardarlehens und erhöht er gleichzeitig oder kurz darauf eine andere Hypothek auf dem gleichen Grundstück, liegt kein Vorbezug im Sinne von Art. 3 Abs. 3 lit. c BVV 3 vor. Der vorbezogene Betrag wird ordentlich besteuert.


(Hinweis auf ein Urteil des Bundesgerichts vom 29. Januar 2015, 2C_325/2014 bzw. 2C_326/2014; II. öffentlich-rechtliche Abteilung; Entscheid in deutscher Sprache).


A.A.und B.A. bezogen im Jahr 2011 Kapitalleistungen aus der Säule 3a und verwendeten diese zur Rückzahlung von Hypothekardarlehen auf der selbstbewohnten Liegenschaft. Im gleichen Jahr erhöh- ten sie eine andere auf der Liegenschaft lastende Hypothek. Die zuständige Steuerbehörde nahm im Umfang dieser Erhöhung der Hypothek eine Aufrechnung beim Einkommen vor. Das Bundesgericht hatte zu entscheiden, ob die Steuerbehörde diese Aufrechnung zurecht vorgenommen hatte. Es be- jahte die Frage.


Der Vorbezug von Leistungen aus der Säule 3a zwecks Wohneigentumsförderung wird steuerlich wie die übrigen Kapitalleistungen aus Vorsorge behandelt: Er wird gestützt auf Art. 38 DBG gesondert vom übrigen Einkommen und zu einem reduzierten Tarif besteuert. Diese günstige Besteuerung greift allerdings nur, wenn die Voraussetzungen eingehalten werden, die für WEF-Vorbezüge allgemein gelten. Ist dies nicht der Fall, kommt es zur ordentlichen Besteuerung, d.h. der vorbezogene Betrag wird zusammen mit dem übrigen Einkommen zum normalen Tarif besteuert. Laut Bundesgericht ist kein Vorbezugsgrund gegeben, wenn eine Hypothek amortisiert und gleichzeitg oder kurz darauf eine


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andere Hypothek auf dem gleichen Objekt erhöht wird. Eine solche Amortisation kann nicht als Rück- zahlung von Hypothekardarlehen im Sinne von Art. 3 Abs. 3 lit. c BVV 3 anerkannt werden.


930Überentschädigungskürzung bei Soziallohn


(Hinweis auf ein Urteil des Bundesgerichts vom 13. Mai 2015, 9C_670/2014; zur Publikation vorgese- hen; Entscheid in deutscher Sprache).


Enthält der Lohn eines teilinvaliden Versicherten nachweislich Soziallohnkomponenten, gilt er in die- sem Umfang bei der Überentschädigungsberechnung nicht als weiterhin erzieltes Erwerbseinkom- men.


Ein Versicherter erlitt im November 2007 einen Verkehrsunfall. Ab April 2010 erhielt er von der IV eine Viertelsrente. Die Vorsorgeeinrichtung sprach ihm ab Mai 2010 ebenfalls eine Viertelsrente zu. Sie stellte die Rentenzahlung allerdings im Februar 2013 ein und verlangte gleichzeitig die bereits erbrachte Rentenzahlungen zurück. Zur Begründung brachte sie vor, der weiterhin erzielte Lohn wür- de zusammen mit der Invalidenrente zu einer Überentschädigung führen.


Das Bundesgericht prüfte zuerst, ob der nach dem Unfall erzielte Lohn, der dem davor erzielten entspricht, Soziallohnkomponenten enthält. Es bejahte dies: Der Lohn enthält nebst dem Entgelt für tatsächlich geleistete Arbeit auch freiwillige Leistungen. Beweis dafür sind u.a. die wirtschaftliche Nä- he des Versicherten zum Arbeitgeber (der Versicherte ist wirtschaftlich beherrschender Gesellschafter der GmbH) und der deutliche Einbruch des Unternehmensergebnisses nach dem Unfall.


Als zweites prüfte das Bundesgericht die Frage, ob Soziallohnkomponenten bei der Überentschädi- gungsberechnung als weiterhin erzieltes Erwerbseinkommen berücksichtigt werden dürfen. Es ver- neint die Frage. Das bei der Überentschädigungsberechnung anrechenbare Erwerbseinkommen be- läuft sich im vorliegenden Fall auf 60% des ausbezahlten Gehaltes. Die restlichen 40% stellen einen Soziallohn dar, der nicht berücksichtigt werden darf.


931Wahl der Anlagestrategien – Prüfung der Anlagestrategien in Bezug auf die Einhaltung der Grundsätze der Angemessenheit und der Kollektivität durch den Experten für berufliche Vor- sorge


(Artikel 1 Absatz 3 BVG, Artikel 1 und Artikel 1e BVV 2)


Das Verlangen einer Vorabprüfung des Experten für berufliche Vorsorge für jede einzelne Anlagestra- tegie, die im Rahmen von Artikel 1e BVV 2 angeboten werden, ist weder unangemessen noch bun- desrechtswidrig.


(Hinweis auf ein Urteil des Bundesgerichts vom 21. Mai 2015, 9C_486/2014; Entscheid in deutscher Sprache, Publikation vorgesehen)


Eine Sammelstiftung, welche die ausserobligatorische berufliche Vorsorge durchführt, bietet ihren Versicherten Vorsorgelösungen mit grundsätzlich frei wählbarer, der individuellen Risikofähigkeit an- gepasster Anlagestrategie an (in casu ca. 1‘000 – 1‘200 unterschiedliche Anlagestrategien). Die Auf- sichtsbehörde verlangte, dass die angebotenen Strategien vorgängig durch den Experten für berufli- che Vorsorge auf deren Angemessenheit hin zu überprüfen sind. Die Stiftung weigerte sich, Experten- bestätigungen für die Angemessenheit ihrer Vorsorge je unter Berücksichtigung der verschiedenen Renditeerwartungen der verschiedenen Anlagestrategien einzureichen, vielmehr wollte sie es bei ei- ner pauschalen Überprüfung der Angemessenheit unter Annahme einer Rendite, die zwei Prozent über der Lohnentwicklung liegt, belassen. Aufgrund dieser Ausgangslage hatte das Bundesgericht zu beurteilen, ob die Aufsichtsbehörde zu Recht eine Vorabprüfung für jede einzelne Anlagestrategie auf ihre Angemessenheit hin verlangen kann oder ob es genügt, lediglich das Anlagemodell zu prüfen.


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Das Gericht kam zu folgendem Schluss: Auch Vorsorgelösungen, bei denen die Anlagestrategie indi- viduell gewählt werden kann, haben die Grundsätze der beruflichen Vorsorge nach Artikel 1 Absatz 3 BVG, insbesondere die Angemessenheit der Vorsorge, stets einzuhalten. In Nachachtung des Kollek- tivitätsprinzips darf eine Vorsorgeeinrichtung nicht derart viele Strategien anbieten, dass daraus prak- tisch eine Individualisierung der Vorsorgeguthaben der einzelnen Versicherten resultiert. In Artikel 1e BVV 2 wird die zulässige Anzahl Strategien nicht ziffernmässig festgelegt und das Bundesgericht klär- te die Frage, welche Zahl von Strategien – pro Vorsorgeplan oder Vorsorgewerk – noch gesetzmässig zulässig ist, nicht abschliessend. Es hält jedoch fest, dass die Verordnungsbestimmung jedenfalls nicht durch exzessive Auslegung ausgehöhlt und auf diesem Weg der Grundsatz der Kollektivität aus- ser Kraft gesetzt werden darf (das Bundesgericht verweist in diesem Zusammenhang auf die Mittei- lungen über die berufliche Vorsorge Nr. 125, Rz 813, in welchen das BSV davon ausgeht, dass höchstens 5 -10 Strategien zulässig sind). Aus Sicht des Bundesgerichts ist es weder unangemessen noch rechtswidrig, wenn die Vorinstanz die von der Aufsichtsbehörde verlangte Vorabprüfung jeder einzelnen Strategie durch den Experten für berufliche Vorsorge geschützt hat. Eine pauschale Über- prüfung des Anlagemodells mit einer Performanceprognose erachtet das Gericht als nicht genügend.


932Keine Pflicht zur Rückforderung der Austrittsleistung durch leistungspflichtige Vorsorgeein- richtung


(Hinweis auf ein Urteil des Bundesgerichts vom 28. April 2015, 9C_835/2014, publiziert: BGE 141 V 197; Entscheid in deutscher Sprache)


Eine Vorsorgeeinrichtung, die leistungspflichtig wird, nachdem sie die Austrittsleistung an eine Freizü- gigkeitseinrichtung überwiesen hat, ist nicht verpflichtet, die Rückerstattung der Austrittsleistung zu verlangen. Sie kann bei Ausbleiben der Rückerstattung ihre Leistungen entsprechend kürzen.


Das Bundesgericht hatte zu beurteilen, ob eine Vorsorgeeinrichtung die Rückerstattung der Austritts- leistung nach Art. 3 Abs. 2 FZG erzwingen muss, wenn sich nach dem Austritt einer versicherten Per- son herausstellt, dass sie leistungspflichtig für einen Vorsorgefall ist. Laut Bundesgericht regelt Art. 3 Abs. 2 FZG nicht, wen die Rückerstattungspflicht trifft. Ebenso wenig regelt die Bestimmung, ob und wie diese Pflicht durchgesetzt werden kann. Das Gericht kommt zum Schluss, dass die Vorsorgeein- richtung nicht verpflichtet ist, die Rückerstattung der Austrittsleistung zu verlangen. Bei fehlender Rückerstattung kann sie die Leistung entsprechend kürzen.


In casu trat die Versicherte im Juni 2005 aus der Vorsorgeeinrichtung aus. Die Austrittsleistung wurde gemäss Mitteilung der Versicherten auf eine Freizügigkeitseinrichtung übertragen. Ab Mai 2006 erhielt die Versicherte von der Invalidenversicherung eine ganze Rente zugesprochen. Die Vorsorgeeinrich- tung machte den 2005 durchgeführten Austritt rückgängig und richtete der Versicherten rückwirkend ab Mai 2006 ebenfalls eine Invalidenrente aus.1 Sie lehnte es jedoch ab, dem Alterskonto der Versi- cherten im Hinblick auf die künftige Altersrente den Betrag gutzuschreiben, den sie beim Austritt auf die Freizügigkeitseinrichtung übertragen hatte (letztere hatte die Austrittsleistung inzwischen an X. ausbezahlt, der eine von der Versicherten unterzeichnete Vollmacht vorwies). Da sie gemäss Bun- desgericht dazu nicht verpflichtet ist, kann sie die künftige Altersleistung kürzen, welche die IV-Rente dereinst ablöst.


1Hinweis zur Bemessung der IV-Rente: Nach Art. 24 Abs. 3 BVG sind das bis zum Beginn des Rentenanspruchs angesparte Altersguthaben sowie die unverzinsten Altersgutschriften für die bis zum ordentlichen Rentenalter fehlenden Jahre massge- bend. Das Reglement kann eine andere Berechnungsmethode vorsehen; so war im vorliegenden Fall nicht die tatsächlich vorhandene Austrittsleistung massgebend, sondern ein rechnerisches (fiktives) Kapital.


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933Zwei Entscheide zur Säule 3a und Invalidität (Art. 82 Abs. 2 BVG und BVV 3)


Entscheid 1


Die Grundsätze, die in der zweiten Säule für die Anpassung einer Invalidenrente gelten, sind in der Säule 3a subsidiär und analog beizuziehen, sofern die Versicherungsbedingungen nichts anderes vorsehen.


(Hinweis auf ein Urteil des Bundesgerichts vom 16. Juni 2015, 9C_457/2014, zur Publikation vorgese- hen; Entscheid in deutscher Sprache)


Umstritten war der Anspruch auf eine Invalidenrente bei Veränderung der Erwerbsfähigkeit einer ver- sicherten Person, welche einen Lebensversicherungsvertrag mit einer Versicherungseinrichtung der Säule 3a abgeschlossen hatte. Im Rahmen eines Revisionsverfahrens verneinte die IV-Stelle das Vorliegen eines Revisionsgrundes und bestätigte den Anspruch auf eine unveränderte ganze Invali- denrente. Die Versicherungseinrichtung hingegen ging von einer Verbesserung des Gesundheitszu- standes aus und stellte ihre Leistungen ein. Gemäss AVB der Versicherungseinrichtung bemessen sich die Leistungen nach dem Grad der Erwerbsunfähigkeit. Bei einer Änderung des Grades der Er- werbsunfähigkeit legt die Versicherungseinrichtungen die Leistung neu fest. Welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen war umstritten.


Das Bundesgericht prüfte u.a., ob die Grundsätze der zweiten Säule für die Anpassung der IV- Leistungen bei Veränderung der Erwerbsfähigkeit in der Säule 3a analog beizuziehen sind. Es bejahte dies mit folgender Begründung: Wie die Invalidenleistungen aus einer Lebensversicherung der Säule 3a anzupassen sind, wenn sich beispielsweise der Grad der Erwerbsunfähigkeit ändert, ist in der BVV 3 nicht geregelt. Ebenso wenig enthält das VVG einschlägige Bestimmungen. Da auch die Versiche- rungsbedingungen der Versicherungseinrichtung dazu nichts festhalten, rechtfertigt es sich, die in der zweiten Säule geltenden Grundsätze subsidiär und analog beizuziehen. Das Bundesgericht hält fest, dass sich die gebundene Vorsorge aus der zweiten Säule ableitet und die Praxis verschiedentlich subsidiär, soweit die BVV 3 keine einschlägigen Bestimmungen enthielt, die Regelungen der zweiten Säule beizog. Es bestätigte den Entscheid der Vorinstanz, welche die Voraussetzungen für eine mate- rielle Revision analog Art. 17 Abs. 1 ATSG verneint hat. Die Versicherungseinrichtung muss somit weiter eine Rente bezahlen.


Entscheid 2


Die Bindungswirkung an die Feststellungen der IV, die im Bereich der obligatorischen beruflichen Vor- sorge gilt, ist in der Säule 3a nicht subsidiär heranzuziehen.


(Hinweis auf ein Urteil des Bundesgerichts vom 11. August 2015, 9C_867/2014, zur Publikation vor- gesehen; Entscheid in deutscher Sprache)


In diesem Fall sprach die IV-Stelle einer versicherten Person eine befristete ganze Invalidenrente bis am 30. April 2008 zu, verneinte jedoch für den Zeitraum ab dem 1. Mai 2008 einen Rentenanspruch (Invaliditätsgrad von 29 %). Die Vorinstanz verpflichtete die Versicherungseinrichtung (Säule 3a), ab Juni 2008 bis Mai 2012 eine IV-Rente für einen Erwerbsunfähigkeitsgrad von 29 % zu bezahlen. Sie ging von einer angestrebten einheitlichen Begriffsanwendung aus, da die AVB der Versicherungsein- richtung unmittelbar Bezug auf die für die IV geltenden Begriffe von Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit sowie Invalidität nehmen. Die AVB der Versicherungseinrichtung sahen jedoch keine Bindungswir- kung an die Entscheide der IV vor. Die Versicherungseinrichtung erhob Beschwerde beim Bundesge- richt und machte u.a. geltend, die in der AVB vorgesehenen Abweichungen von den gesetzlichen Bestimmungen seien erheblich, womit die Annahme einer Bindungswirkung nicht haltbar sei.


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Das Bundesgericht prüfte die Frage, ob subsidiär die im Bereich der obligatorischen beruflichen Vor- sorge geltenden Grundsätze zur Bindungswirkung der Vorsorgeeinrichtung an die Entscheidungen der IV-Organe heranzuziehen sind. Es kam dabei zum Schluss, dass gewichtige Gründe dagegen spre- chen, da namentlich die Säule 3a im Vergleich zur zweiten Säule freier gestaltbar ist. In der Säule 3a fehlen Verweise, die eine Kongruenz zur ersten Säule ausdrücklich anstreben. Von Bedeutung erach- tet es das Bundesgericht, dass in der Säule 3a der Begriff der Invalidität – gleichermassen wie in der weitergehenden beruflichen Vorsorge – weiter gefasst werden kann als in der IV und Rentenleistun- gen ab Erwerbsunfähigkeitsgraden vorgesehen werden können, welche in der IV nicht anspruchsbe- gründend und daher nicht präzise zu bestimmen sind. Zu berücksichtigen ist auch, dass in verfah- rensmässiger Hinsicht die Verfügungen der IV den Trägern der Säule 3a (Versicherungseinrichtung oder Bankstiftung) nicht eröffnet werden müssen.


Anhang


Neue Tabelle ab 1. Januar 2016 zur Berechnung des grösstmöglichen 3a-Guthabens (nach Art. 60a Abs. 2 BVV 2 und Art. 7 Abs. 1 Bst. a BVV3) nach Jahrgang


Wichtige Masszahlen 2016 im Bereich der beruflichen Vorsorge


Wichtige Masszahlen 1985-2016 im Bereich der beruflichen Vorsorge


Tabellen 2016 BVG-Altersguthaben


Anpassungssatz für die BVG-Risikorenten, in %


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