Das Loch in der Pensionskasse wird nur gestopft, nicht saniert

Die Vorsorgekommission entscheidet anstelle des Landrats – das stösst auf Kritik.

Die rund 70 Millionen Franken, die gemäss Informationen der bz dem Vorsorgewerk des Kantons bei der Basellandschaftlichen Pensionskasse (BLPK) bereits wieder fehlen, gehen voll zulasten der Staatsrechnung 2015 und somit letztlich zulasten des Baselbieter Steuerzahlers. Die Kantonsangestellten kommen vorerst darum herum, die Hälfte der neuen Sanierungskosten zu tragen. Dies ergeben Recherchen der bz.

Konkret bestätigt Martin Lüthy, Leiter des Baselbieter Personalamts, der aktuell den Vorsitz in der kantonalen Vorsorgekommission hat: «Die Kommission hat entschieden, dass das Vorsorgewerk jetzt noch nicht saniert werden muss.» Und eine klassische Sanierung bräuchte es, damit die hälftige Teilung der Kosten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern zum Tragen käme. Nun bleibt es bei der vom Gesetz vorgeschriebenen sofortigen Behebung der Unterdeckung durch den Kanton, indem er die 329-Millionen-Eventualverpflichtung anzapft. Und dies wiederum belastet die Staatsrechnung (bz berichtete).

Kommission möchte zuwarten

Mit diesem Entscheid rückt ein Gremium ans Rampenlicht, dessen Wirken bis jetzt noch nicht im Detail bekannt war. Die Vorsorgekommission nahm mit Inkrafttreten des neuen Pensionskassengesetzes am 1. Januar 2015 ihre Arbeit auf und ist paritätisch zusammengesetzt: Vier Arbeitgebervertreter des Kantons und vier Arbeitnehmervertreter – aus den Verbänden des Staats- und Gemeindepersonals (VSG), des Personals öffentlicher Dienste (VPOD), der Lehrer (LVB) und der Polizisten (PVPBL) – sitzen darin.

Diese acht Personen verfügen über weitreichende Kompetenzen. So legen sie jährlich die Verzinsung des Pensionsguthabens der aktiven Versicherten fest. Und im Pensionskassendekret, das der Landrat im Rahmen der BLPK-Reform 2013 verabschiedet hat, steht: «Im Falle einer Unterdeckung beschliesst die Vorsorgekommission die erforderlichen Massnahmen zur Wiederherstellung der vollen Deckung.» Präziser ist das Reglement der Kommission: zu den Aufgaben gehört «der Beschluss eines Sanierungskonzeptes sowie die Höhe allfälliger Sanierungsbeiträge bei Unterdeckung». Einzig der zuständige Ausschuss des Verwaltungsrates der BLPK muss das Konzept noch absegnen.

Doch warum muss nun keine umfassende Sanierung in Angriff genommen werden? «Es gibt keine klare Definition, ab welchem Deckungsgrad eine Unterdeckung besteht, die saniert werden muss», sagt Lüthy. Für die Kommission könne ein Deckungsgrad von gut 98 Prozent auch automatisch wieder ausgeglichen werden – falls sich der Markt positiv entwickle. Lüthy gibt allerdings zu: «Zurzeit sieht die Marktsituation wirklich nicht gut aus.» Als man aber darüber letzten Herbst diskutiert habe, sei noch kein klarer Trend erkennbar gewesen. Die Nichtsanierung scheint dabei kein unumstösslicher Entscheid zu sein: «Wir können auch kurzfristig reagieren und zusammenkommen, um neu zu entscheiden.» Wann die Schmerzgrenze erreicht ist, sei innerhalb der Kommission noch nicht diskutiert worden.

Landrat bestimmt Sparbeiträge

Unter Experten bestünden dazu zwei Meinungen: Die eine lautet, dass gut parallel zur Entnahme aus der Eventualverpflichtung bereits ein langjähriger Sanierungsplan mit ausgewogener Lastenverteilung auf Arbeitgeber, Arbeitnehmern und Rentnern begonnen werden kann. Die andere besagt, dass erst saniert werden soll, wenn die ganzen 329 Millionen Franken der Eventualverpflichtung aufgebraucht sind. Nimmt man die 70-Millionen-Lücke von 2015 als Gradmesser, müsste also noch viel passieren, bis nicht mehr nur der Kanton belastet würde. Laut Lüthy werde die Kommission «aufgrund weiterer Analysen im Laufe des Jahres» noch entscheiden, welcher Weg der richtige ist.

Dass der Landrat hierbei zum Zusehen verdammt ist, passt nicht allen. Dabei hält Lüthy fest: «Es war der Landrat selbst, der uns im Dekret explizit diese Kompetenzen gegeben hat.» SVP-Landrat Hanspeter Weibel warnte schon vor der BLPK-Reform immer vor höheren Kosten. Nun fühlt er sich bestätigt und möchte Gegensteuer geben: «Es war ein Riesenfehler, der Vorsorgekommission die Kompetenz über die Sanierung zuzusprechen.» Dementsprechend plädiert er dafür, das Dekret wieder abzuändern. Denn für ihn ist klar: Nicht der Steuerzahler, sondern die Arbeitnehmer sollen mehr zur Kasse gebeten werden. Und: «Auch die Leistungen der Rentner, die zurzeit noch gesetzlich geschützt sind, dürfen kein Tabu mehr sein.»

Übrigens: Während etwa der technische Zinssatz Sache des Verwaltungsrates der BLPK ist, liegt eine Kompetenz nach wie vor beim Landrat: Er kann über die Höhe der Sparbeiträge des Kantons an die aktiven Versicherten befinden. Auf diesem Weg dürfte das bürgerlich dominierte Parlament wohl doch dafür sorgen, dass auch die Kantonsangestellten das neue BLPK-Loch spüren werden.


Deckungsgrad der Pensionskasse Basel-Stadt: Voraussichtlich über 100 Prozent

Auch die Pensionskasse Basel-Stadt (PKBS) spürte im vergangenen Jahr die Schwäche an der Börse und insbesondere an den Rohstoffmärkten. Aber der Deckungsgrad per 31. Dezember 2015 dürfte voraussichtlich leicht über 100 Prozent liegen, sagt Susanne Jeger, Vorsitzende der PKBS-Geschäftsleitung. Der konkrete Deckungsgrad werde zu gegebener Zeit publiziert. Die PKBS ist als Sammeleinrichtung organisiert. Für jeden angeschlossenen Arbeitgeber wird ein separates Vorsorgewerk geführt. Für jedes angeschlossene Vorsorgewerk erstellt die PKBS eine eigene Einnahmen- und Ausgabenrechnung. In diesem Zusammenhang wird der Deckungsgrad für das entsprechende Vorsorgewerk bestimmt.

Bei den Vorsorgewerken mit Teilkapitalisierung (also etwa der Kanton Basel-Stadt, IWB, BVB, öffentliche Spitäler) muss erst saniert werden, wenn der Gesamtdeckungsgrad unter 80 Prozent sinkt. Bei diesen Vorsorgewerken seien aufgrund der Jahresergebnisse 2015 keine Sanierungsmassnahmen erforderlich. Bei der Vollkapitalisierung liegt die Schwelle bei 100 Prozent. Ob wegen der Entwicklungen der Anlagemärkte 2015 zusätzliche Massnahmen notwendig sind, werde im zweiten Quartal nach Vorliegen der Einnahmen- und Ausgabenrechnung pro Vorsorgewerk individuell geprüft, so Jeger.

Das laufende Jahr hat schwierig begonnen. Wie die UBS gestern mitteilte, erzielten die Pensionskassen im Januar eine Rendite von minus 1,08 Prozent. Im vergangenen Jahr lag sie insgesamt bei 0,8 Prozent.


Quelle: Basler Zeitung
13.02.2016