Rentenreform 2020 – Starrsinnig am Ausweg vorbei

Der Ständerat beharrt auf 70 Franken mehr AHV. Damit erreichen SP und CVP aber kaum eine Mehrheit. Geht weiter Parteiprofilierung über Pragmatismus, ist die ganze Reform der Altersvorsorge gefährdet.

Bei der Rentenreform 2020 könnte das Parlament beweisen, dass es nach langem Streit doch zu tragfähigen Kompromissen imstande ist. Die beiden Räte sind sich einig, dass es eine Reform braucht, die die Altersvorsorge für die nächsten Jahrzehnte auf eine sichere Basis stellt, das Leistungsniveau möglichst beibehält und die Lasten fair verteilt. Und alle wissen, dass die Reform in einer Volksabstimmung bestehen muss. Aber obwohl die Zeit knapp wird, haben sich die Volksvertreter nicht weiter auf den Kompromiss zubewegt.

Stur hält der Ständerat daran fest, die Einbussen in der zweiten Säule infolge der Senkung des Umwandlungssatzes mit 70 Franken mehr AHV pro Monat zu kompensieren. Dabei sind die Mängel dieses Modells aus den Hinterzimmern von SP und CVP offensichtlich: Es vermengt die AHV und die berufliche Vorsorge, die nach unterschiedlichen Prinzipien finanziert werden müssen, und leistet der Umverteilung Vorschub. Die Erhöhung schafft eine Zwei-Klassen-AHV, denn sie käme nur Neurentnern zugute. Junge Erwerbstätige würden über Lohnabzüge und jetzige Rentner via Mehrwertsteuer mehr belastet. Sie kommt mit der Giesskanne auch Reichen zugute, die sie nicht brauchen, und jenen, die als Übergangsgeneration bereits mit andern Mitteln schadlos gehalten werden. Sie belastet den Bund, der anderswo sparen müsste. Und schliesslich sind die Zusatzrenten nur bis 2030 finanziert, so dass sich das AHV-Defizit erhöhte und weitere Lohnprozente nötig würden, wenn die Babyboom-Jahrgänge in Rente gehen.

SP und CVP stellen dies nun resolut als einzige Lösung dar, obwohl so kein Brückenschlag zu FDP und SVP möglich ist, den es für eine tragfähige Mehrheit braucht. Dabei hatten im Ständerat Alex Kuprecht (Schwyz, SVP.) und Karin Keller-Sutter (St. Gallen, FDP.) den Königsweg gewiesen, der auch im Nationalrat Chancen hätte: Der Zugang zur beruflichen Vorsorge soll früher möglich sein und der Koordinationsabzug tiefer liegen, so dass mit Beiträgen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber länger und damit mehr eigene Rentenfranken gespart werden können. Dies verbunden mit einer erleichterten vorzeitigen Pensionierung für Kleinverdienende, die früh ins Erwerbsleben traten. Eine solche Lösung würde Einbussen innerhalb der zweiten Säule kompensieren, weniger Umverteilung auslösen, Frauen etwas für die Erhöhung des Rentenalters auf 65 entschädigen, die AHV nicht gleich wieder in Defizite reiten und die Selbstverantwortung für die Vorsorge belohnen.

Der Ständerat bog nicht auf den Königsweg ein, aber dieser steht immer noch offen. Das Volk erwartet bei der Rentenreform nicht Parteiprofilierung, sondern am Ende ausreichende und vor allem sichere Renten für alle.

Quelle: NZZ
13.12.2016

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