Tiefere Renten für Bundesangestellte

Bei der Altersvorsorge hinkt die Bundespolitik weit hinter den Realitäten des Lebens her. Dies zeigt nun ausgerechnet die Pensionskasse des Bundes.

Nach uns die Sintflut. Auf diesem Grundsatz beruht die Schweizer Politik der Altersvorsorge. Die Kernidee: Ältere Generationen werden massiv subventioniert – zulasten der Jüngeren und Ungeborenen, die derzeit noch wenig bis nichts zu sagen haben. So läuft es nicht nur in der AHV, sondern (in geringerem Ausmass) auch bei den Pensionskassen. Die im Parlament steckende Reform «Altersvorsorge 2020» soll zwar das gesetzliche Minimum des Umwandlungssatzes für obligatorische Pensionskassengelder von 6,8% schrittweise auf 6,0% senken, doch auch 6% sind aus heutiger Sicht noch zu hoch.

Bei einem Umwandlungssatz von 6% fällt pro 100 000 Fr. Alterskapital eine Jahresrente von 6000 Fr. an. Die wichtigsten Grössen zur Berechnung eines «fairen» Umwandlungssatzes sind die Lebenserwartung und die Renditeerwartungen. Die Lebenserwartung für 65-Jährige ist in den letzten 30 Jahren von 17 auf 20,9 Jahre gestiegen (Durchschnitt von Frauen und Männern); bei gleichbleibender Jahresrente führte dies zu einer Erhöhung der gesamten Rentenleistung um etwa 23%. Die Renditeerwartungen sind derweil stark gesunken. Beide Entwicklungen rufen bei gegebenen Beiträgen nach einer deutlichen Reduktion der Jahresrenten.

Da der Mindestumwandlungssatz nur für die obligatorischen Vorsorgegelder gilt, haben die Pensionskassen mit einer starken Senkung der Renten auf den überobligatorischen Geldern reagiert. Das führte zu intransparenten Umverteilungen, aber in der Gesamtbetrachtung haben heute schon viele Kassen einen Umwandlungssatz unter 6%. Dies gilt auch für die Pensionskasse des Bundes (Publica). Die Kassenkommission der Publica (in der je acht Vertreter von Arbeitgeber und Arbeitnehmer sitzen) schlägt nun vor, den Umwandlungssatz per Mitte 2018 von bisher 5,65% auf 5,09% zu senken – was einer Reduktion der Jahresrenten um rund 10% entspräche. Für Arbeitnehmer über 58 ist eine Abfederung vorgesehen (reduzierte Senkung des Umwandlungssatzes).

Der Vorschlag geht nun in die Vernehmlassung bei den angeschlossenen Vorsorgewerken (für Bund, ETHs und kleinere Bundesinstitutionen). Diese Vorsorgewerke könnten zusätzliche Abfederungen für die Betroffenen beschliessen, wie Publica-Direktor Dieter Stohler sagt. Aber: «Der finanzielle Spielraum dazu ist eng begrenzt.»

Eine rechnerische Basis des Vorschlags ist die geplante Reduktion des technischen Zinssatzes von 2,75% auf 2%. Mit dem technischen Zinssatz werden künftige Verpflichtungen auf den heutigen Barwert zurückgerechnet; der Satz sollte etwa der langfristig erwarteten Anlagerendite minus einer Marge um 0,5% (unter anderem für Verwaltungskosten) entsprechen.

Der Publica-Vorschlag klingt realistisch. Laut einer vom Bund bestellten Analyse des Wirtschaftsinstituts BAK von 2014 sind für die nächsten zwei Jahrzehnte im Mittel Jahresrenditen von 2% bis 3% zu erwarten. Gemäss der Schweizerischen Kammer der Pensionskassenexperten liegt heuer die Referenzgrösse für den technischen Zinssatz bei 2,25%. Laut Simulationen der Beratungsfirma PPCmetrics dürfte der Referenzsatz in den nächsten Jahren unter 2% fallen.

Die Publica rechnet derweil gemäss Direktor Dieter Stohler für die nächsten Jahre mit einer Anlagerendite von 1,5% bis 2% pro Jahr. Bundesrat und Parlament können nicht per Dekret eine höhere Rendite und eine tiefere Lebenserwartung verordnen – obwohl sie ständig den Eindruck erwecken, genau dies tun zu wollen.

Quelle: NZZ
08.11.2016