Wie «risikofähig» wäre die Rumpf-Pensionskasse?

Für Kritiker ist der angepeilte Alleingang in Ostermundigen nicht nachvollziehbar.

In Ostermundigen gehen die Wogen hoch – die Sanierung der Pensionskasse spaltet das Dorf in zwei Lager, die sich gegenseitig Desinformation vorwerfen. Nach einer Breitseite der Gegner des Gesamtkredits über 31,6 Millionen Franken in der «Bantiger Post» meldete sich am Freitag auch der Ostermundiger Gemeinderat noch einmal zu Wort und rief zu Sachlichkeit auf.

Nun zieht die Diskussion um die Abstimmungsvorlage vom 27. November weitere Kreise: Für Hans Flury, Präsident der Geschäftsprüfungskommission in der Nachbargemeinde Bolligen, ist nicht nachvollziehbar, warum Ostermundigen den Alleingang versuchen will. Alle übrigen Gemeinden und angeschlossenen Körperschaften sind bereits aus der PVS B-I-O ausgetreten oder werden Ende Jahr austreten, so auch Bolligen.

Ostermundigen will aber noch mindestens zwei Jahre mit der Krisenkasse weiterfahren. «Mit diesem Entscheid handelt der Gemeinderat aus Sicht der Risikofähigkeit völlig unbegreiflich», so Flury. Die provisorische Lösung zwinge zu kurzfristigen Anlagen, die entweder nichts einbrächten oder zu riskant seien. Das Provisorium führe zu Unsicherheit.

Hohe Kosten für die Abfederung

Ostermundigen hat mit rund 190 aktiv Versicherten und 100 Rentnern in der Pensionskasse eine ungünstige Struktur: «Weil die Rentensumme grösser ist als die Beiträge, fliesst mehr Geld ab, als eingenommen wird», sagt Flury. Die Höhe der Sanierungskosten in Ostermundigen hält Flury hingegen für begründet.

Auch bei einem Anschluss an eine andere Vorsorgeeinrichtung müsse mit ähnlichen Kosten gerechnet werden. Die Kosten machen 23,4 Millionen Franken aus, obwohl Ostermundigen gemäss Sanierungskonzept der PVS B-I-O nur 17,4 Millionen Franken hätte zahlen müssen. Die Kasse habe ursprünglich eine Quersubventionierung der rentnerreichen Stiftergemeinden durch die übrigen Körperschaften eingebaut, die mit deren Auszug wegfällt.

Allerdings sei der Kredit über 8,2 Millionen Franken zur Abfederung der Rentenkürzung nicht plausibel. «Verglichen mit Bolligen ist dieser Betrag viel zu hoch», sagt Flury. Aufgrund der Botschaft an den Grossen Gemeinderat nimmt er an, dass bei der Berechnung der Verzicht auf die Nullverzinsung vergessen ging.

Bolligen seinerseits ist ab 2017 der Gemeinschaftseinrichtung SHP angeschlossen, die auch von Ostermundigen evaluiert wurde. Die SHP hat laut Flury aktuell einen Deckungsgrad von 107 Prozent, und der Anteil für die Rentner am Vorsorgekapital beträgt nur rund 30 Prozent.

Für Flury ist die Evaluierung in der Abstimmungsbotschaft nicht «sauber» dargestellt. Es sei zu vermuten, dass der Gemeinderat eine «versteckte Agenda» habe. Eine Offerte liege auch von der Pensionskasse der Stadt Bern PVK vor. Ein Übertritt zu dieser Kasse wäre aber erst auf Anfang 2019 möglich: Auf diesen Zeitpunkt stellt die PVK vom Leistungs- auf das Beitragsprimat um. Just bis Ende 2018 soll auch die geschrumpfte PVS B-I-O weiter bestehen. Die PVK der Stadt Bern stecke aber selber noch während vieler Jahre in einem Sanierungsprozess, so Flury. Ihre strukturelle Risikofähigkeit sei kaum besser.

Mehrkosten bei einem Nein?

Der Ostermundiger Gemeindepräsident Thomas Iten (parteilos) verteidigt den Lösungsvorschlag. Nach dem Austritt der anderen Gemeinden verbleibe im Portfolio ein hoher Anteil an Immobilien. Diese brächten eine relativ sichere und hohe Rendite ein, so Iten. Damit bleibe die Risikofähigkeit erhalten. Zu den Kosten sagt er, dass bei der Vollkapitalisierung von 23,4 Millionen Franken allein 13,4 Millionen für die Guthaben der Rentner aufgewendet werden müssten.

Gleichzeitig müssten die berufstätigen Versicherten höhere Spar- und Sanierungsbeiträge leisten und eine Rentenkürzung von bis zu 12 Prozent in Kauf nehmen. Der Beitrag der Arbeitnehmenden sei deshalb wesentlich höher als die von den Gegnern behaupteten 10 Prozent.

Am Freitag sagte Iten, ein Nein werde Mehrkosten von 3,6 Millionen Franken auslösen, was von den Kritikern bezweifelt wird. Iten begründet den Sachverhalt mit der aufsichtsrechtlichen Verpflichtung, die PVS bis Ende 2022 zu sanieren. Bei einem Nein bleibe die PVS weiter in der Unterdeckung. «Daher fehlt letztlich nach den Berechnungen der Experten noch mehr Geld in der Kasse.»

Gleichgültig wie der Entscheid des Stimmvolks am 27. November lautet, die Kasse bleibt ganz oben auf der Traktandenliste. Bei einem Nein müsste der Gemeinderat in Zusammenarbeit mit den Versicherten sofort eine neue Lösung aufgleisen. Bei einem Ja hätte der Gemeinderat gemäss Beschluss des Grossen Gemeinderats die Aufgabe, einen definitiven Hafen anzupeilen.

Quelle: Der Bund
15.11.2016

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